Arbeitsprogramm 2019-2024

Die Arbeit der Kommission

Die Deutsche Kommission Justitia et Pax, getragen von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, versteht sich als kirchliches Forum und Akteurin des gesellschaftlichen und politischen Dialogs zu den internationalen und globalen Fragen von Frieden, Menschenrechten und Entwicklung. Ihre Tätigkeit ist ein Beitrag zur weltweiten Sorge um das „gemeinsame Haus“ im Sinne einer ganzheitlichen menschlichen Entwicklung, wie sie nicht zuletzt auch in den Bemühungen um die Sustainable Development Goals zum Ausdruck kommt. Das schließt gendersensibles Handeln ausdrücklich mit ein.

Die Einsichten der Katholischen Sozial- und Friedenslehre, die aus vielfältigen Erfahrungen und deren Reflexion erwachsen ist, stellen einen orientierenden Bezugsrahmen für die Arbeit der Kommission dar. Insbesondere die Enzykliken Pacem in Terris (1963), Populorum progressio (1967), Centesimos annos (1991), Evangeli gaudium (2013) sowie jüngst Laudato si (2015), in der Papst Franziskus eindrücklich am Beispiel des Klimawandels die umfassenden Zusammenhänge unseres persönlichen und gesellschaftlichen Lebens deutlich gemacht hat, geben wesentliche Impulse für die Arbeit der Kommission. Die Kommission sieht sich als Teil dieses traditionsreichen kirchlichen Lern- und Handlungszusammenhangs.

Mit Blick auf ihre spezifische Rolle im Zusammenhang der kirchlichen Werke, Einrichtungen und Verbände richtet die Kommission ihr Arbeitsprogramm an folgenden Kriterien aus:

innovativ, exemplarisch, subsidiär, handlungsorientiert.

Grundlegendes zum Arbeitsprogramm 2019-2024

Die Deutsche Kommission Justitia et Pax legt zu Beginn jeder Amtsperiode ein Arbeitsprogramm fest. In diesem spiegeln sich einerseits die Grundlinien der bisherigen Arbeit, die weitergeführt, und andererseits neue relevante Themen- und Handlungsfelder, die erschlossen werden sollen. Damit zeichnet sich das Arbeitsprogramm sowohl durch Elemente der Kontinuität als auch solche der Innovation aus. Beide Elemente sind für eine wirksame politische Dialog-Arbeit konstitutiv. Sie durchziehen alle Arbeitsbereiche.

Mit dem Umzug nach Berlin ist die Chance und Hoffnung verbunden, schneller als bisher auf politisch aufkommende Themen zu reagieren und sich mit unterschiedlichen Formaten (Policy Papers, Interviews, Konferenzen, Werkstatt-Gesprächen, Foyer-Gesprächen usw.) in die Debatten einzubringen. Die solide Erarbeitung thematischer Expertise mit Tiefenschärfe soll als Markenzeichen von Justitia et Pax erhalten bleiben. Zugleich soll die entsprechende Expertise von Anfang an für politische Interventionen bereitgehalten werden. Die Kommissionssitzungen sollen systematisch genutzt werden, um öffentliche Akzente zu setzen. Organisatorisch schlagen sich diese Zielsetzungen in der Einrichtung von langfristigen Arbeitsgruppen und spezifischen kurz- bis mittelfristigen Task-Forces sowie kontinuierlichen Gesprächszusammenhängen nieder. Der weltkirchliche Zusammenhang im internationalen Netzwerk der Justitia-et-Pax Kommissionen, darunter auch der Europäischen Konferenz Justitia et Pax, sowie mit dem Dikasterium zur ganzheitlichen menschlichen Entwicklung beim Heiligen Stuhl stellt eine wesentliche Ressource der Tätigkeit der Kommission dar. Die ökumenische Zusammenarbeit, insbesondere im Rahmen der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung ist integraler Bestandteil der Tätigkeit der Kommission.

Das Arbeitsprogramm gliedert sich in die drei zentralen Sachbereiche Entwicklung, Frieden und Menschenrechte. Die Erfahrung hat allerdings – ganz im Sinne von Laudato si - gezeigt, dass es vielfältige Bezüge zwischen den verschiedenen Sachbereichen gibt und daher eine inhaltliche Verschränkung wünschenswert, wenn nicht bisweilen sogar geboten ist. Dies findet seinen Niederschlag u.a. in zwei sachbereichsübergreifenden Themenfeldern. Darüber hinaus wird die Verschränkung durch entsprechende Studienteile während der Kommissionssitzungen, die praktische Zusammenarbeit der verschiedenen Arbeitsgruppen sowie den systematischen Austausch im Vorstand und der Geschäftsstelle gefördert.

Das Arbeitsprogramm 2019-2024

I. Sachbereichsübergreifende Themen

Themenfeld 1 „Organisierte Kriminalität“

Themenfeld 2 „Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit/Versöhnungsprozesse – Schwerpunkt Aufarbeitung kolonialen Erbes“

Themenfeld 1 „Organisierte Kriminalität“

In der (inter-)nationalen Polizeiarbeit und Sicherheitspolitik gewinnt das Phänomen organisierte Kriminalität (OK) in seinen vielfältigen Facetten stetig an Bedeutung. OK markiert aber nicht nur eine Herausforderung für die Polizeiarbeit, sondern auch für die Zivilgesellschaft, Politik und schließlich auch für die vielfältigen Hilfsorganisationen. Natürlich müssen auch viele Ortskirchen und deren Akteure weltweit z.B. in Mexiko, Kolumbien und Italien mit dieser Kriminalitätsform umgehen. Papst Franziskus hat ebenso wie seine Vorgänger die organisierte Kriminalität regelmäßig scharf verurteilt. Ungeachtet dieser klaren moralischen Ablehnung ist das soziale Phänomen aber nach wie vor sozial- und friedensethisch unterbestimmt. Die klassische friedensethische Auseinandersetzung mit Gewalt soll daher um eine handlungsorientierende Auseinandersetzung mit diesen Phänomenen ergänzt werden. Zudem bieten sich vielfältige Bezugspunkte zu den Bereichen Entwicklung und Menschenrechte (Stichworte: Gewaltökonomien und Menschenhandel).

In Deutschland hat die Thematik durch Morde der italienischen Mafia, den NSU-Prozess und die polizeilichen Maßnahmen gegen die sogenannten Araber-Clans in den letzten Jahren eine gesteigerte öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Dennoch spielt das Thema in der gesellschaftlichen und kirchlichen Öffentlichkeit weiterhin keine seiner Bedeutung angemessene Rolle. Vor diesem Hintergrund stellt die Auseinandersetzung mit OK durch die Kommission eine innovative Weiterentwicklung unseres Portfolios dar. Sie bietet sich nicht zuletzt aufgrund der internationalen und weltkirchlichen Dimension ihrer Arbeit an, die prägend für das gesamte Arbeitsprogramm der Kommission ist.

Da die Kommission mit diesem Thema Neuland betritt, ist es notwendig, vor der konkreten Arbeit mithilfe einer kleinen Task-Force (ca. 6-8 Mitglieder) das weite Feld der OK zu definieren und konkrete Handlungsfelder zu benennen. Dieser thematische Aneignungsprozess soll durch eine Veranstaltung unterstützt werden, in der weltkirchliche Akteure von ihren Erfahrungen mit der OK berichten und diese gemeinsam reflektieren. Auf der Grundlage dieses Austauschs sowie der entwickelten Gesprächskontakte in Deutschland soll die Task-Force sowohl das Phänomen der OK sozial- und friedensethisch einordnen sowie Themen identifizieren, die aus kirchlicher Sicht ggf. genauer untersucht werden müssten. Dabei wird darauf geachtet, dass der „rote Faden“ der Arbeit der Kommission – innovativ, exemplarisch, subsidiär, handlungsorientiert; Gendersensibilität, ganzheitliche Ökologie – in der Konkretisierung sichtbar bleibt.

Arbeitsvorgehen

a) Annäherung

Zunächst wird es darum gehen, das allgemeine Phänomen OK mit Hilfe der Task-Force zu verstehen und zu beschreiben.

b) Reflexion

Die Erkenntnisse der Annäherungsphase an das Phänomen OK und die weltkirchlichen Erfahrungen müssen in einem zweiten Schritt reflektiert werden. In dieser Phase wird angezielt, OK einer grundlegenden Bewertung zu unterziehen. Relevante Bewertungsmaßstäbe sind hier kirchliche, sozialethische und politische Positionen. Zum Ende dieser Phase soll ein Thesenpapier stehen, indem die Kommission ihre Position zu Ok definiert und konkrete Handlungsfelder bestimmt. Dieses Thesenpapier stellt dann auch die Grundlage für die weitere Arbeit dar.

c) Politischer Dialog

Weitere Formate

Im Verlauf der kommenden Arbeitsperiode sind auch weitere Formate denkbar, die sowohl das (kirchen-)öffentliches Bewusstsein für OK schärfen, als auch Räume des Austauschs bieten. Denkbar wären z.B.:

  • Themenabende: Das weibliche Gesicht von OK, Männlichkeitsvorstellungen und OK
  • Ausstellung zu (christlichen) Opfern von OK
  • Film- und Diskussionsabend (z.B. Dokumentation: „Das Kreuz mit der Mafia“) zu Kirche und OK
  • Gesprächskreis mit Aussteigern von OK
  • Opfer von OK im Gespräch mit Politikern

Themenfeld 2 „Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit/Versöhnungsprozesse – Schwerpunkt Aufarbeitung kolonialen Erbes“

Der Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit stellt weltweit viele Gesellschaften vor erhebliche Herausforderungen. Das sachbereichsübergreifende Themenfeld gehört daher seit Jahren zu den internationalen Handlungsfeldern der Deutschen Kommission Justitia et Pax. Im Rahmen der Kooperation mit der AGEH/Agiamondo arbeitet die Kommission an der Entwicklung eines weltkirchlichen Netzwerks zur Stärkung dieses Handlungsfeldes. Im Zusammenhang der Maximilian-Kolbe-Stiftung trägt die Kommission dazu bei, dieses Handlungsfeld in Europa zu stärken und innovative Akzente zu setzen. Diese Kooperationen sollen fortgesetzt werden.

Die Fortführung dieses thematischen Schwerpunkts in der nächsten Amtsperiode mit besonderem Fokus auf die Aufarbeitung des kolonialen Erbes legt sich nahe, da die Frage nach dem Umgang mit dem kolonialen Erbe bzw. den Folgen des Kolonialismus im Gesamtthemenfeld zunehmend an Bedeutung gewinnt. Sind die historischen Belastungen und ihre gegenwärtige Prägekraft in der Agenda 2030 noch pragmatisch ausgeklammert worden, so wird mittlerweile immer deutlicher, dass sie eine der wichtigen politisch-kulturellen Herausforderungen in den Beziehungen der sich globalisierenden Gesellschaften darstellen. Insbesondere am Thema Sklaverei und Sklavenhandel sowie Umgang mit dem Erbe des Kolonialismus werden vielfältige Bezüge zu heutigen Problemen evident. Die prekäre Anwesenheit der daraus resultierenden Beziehungsstörungen ist oft mit den Händen zu greifen. Es ist daher zu begrüßen, dass die Bundesregierung erklärt hat, sich der Aufarbeitung des Kolonialismus stellen zu wollen. Mit Blick auf die Bedeutung der in diesen Themenfeldern zu verhandelnden Fragen ist es wichtig, auch kirchliche Beiträge zur Diskussion zu formulieren. Dabei besteht eine Stärke des weltkirchlichen Beitrags darin, die nationalen Diskurse zu überschreiten und sowohl europäische als auch globale Perspektiven einzubringen. Zudem bieten die gewachsenen Partnerbeziehungen eine gute Grundlage für einen substantiellen multiperspektivischen Dialog und gemeinsames Handeln.

Im Rahmen dieser Schwerpunktsetzung wird - im Kontext des Weltdienstprogramms – die Mitwirkung einer Fachkraft aus Afrika oder Lateinamerika angestrebt. Diese könnte einen substantiellen Beitrag zur Perspektivenerweiterung und einen erheblichen qualitativen Mehrwert generieren. Die Integration einer Fachkraft aus dem Süden würde zudem die Bemühungen um einen Austausch zwischen den verschiedenen Kontexten inhaltlich, operativ sowie politisch-symbolisch stärken. Durch die frühzeitige inhaltliche Mitwirkung einer geeigneten Süd-Fachkraft sowie von Partnern an den Konkretisierungen des Arbeitsschwerpunkts “Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit/ Aufarbeitung des kolonialen Erbes“ soll die erforderliche Multiperspektivität von vorne herein integriert und personell sichtbar werden. Die Glaubwürdigkeit und damit Wirksamkeit der Unternehmung werden damit gestärkt.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein kirchlicher Beitrag in dem Maße an Profil und Wirksamkeit gewinnen wird, als er exemplarisch und innovativ einen interkulturellen und interkontextuellen Dialog- und Aktionsraum schafft, der sowohl Akte der Anerkennung als auch die politische Handlungsorientierung fördert. Mit der einzustellenden Fachkraft sollen die Perspektiven der Bearbeitung des Themenfeldes gemeinsam mit potentiellen Partnern konkretisiert werden. Nach Möglichkeit sollen bis Herbst 2020 die Voraussetzungen für eine Finanzierung der Fachkraft über den ZFD geschaffen werden.

Die konkrete Ausgestaltung eines solchen Arbeitsschwerpunkts soll nationale, europäische sowie internationale politische Verwertungszusammenhänge und Problemstellungen mit einbeziehen. Die weltkirchlichen Zusammenhänge bilden dabei eine wertvolle Ressource, die es zu nutzen gilt. Dies schließt eine kritische Auseinandersetzung mit den kirchlichen Verstrickungen in den Kolonialismus sowie koloniales Wirtschaften mit ein.

Arbeitsvorhaben

Die Kooperationen mit AGEH/Agiamondo sowie im Rahmen der MKS sollen fortgesetzt werden. Dies schließt die Realisierung internationaler Workshops zu Erfahrungen beim Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit und Versöhnungsprozessen und die damit verbundenen politischen Dialoge mit ein. Anschließend an von Partnern geäußerte Bedarfe sowie die Strategie der Bundesregierung zu Vergangenheitsarbeit und Versöhnung soll auch ein Format zur Diskussion der deutschen Erfahrungen in diesem Feld etabliert werden.

Gemeinsam mit den Orden soll die Möglichkeit einer öffentlichkeitswirksamen Ausstellung zum Umgang mit dem kolonialen Erbe am Beispiel der missionsgeschichtlichen Sammlungen geprüft werden. Darüber hinaus soll mit noch zu identifizierenden Süd-Partnern ein entsprechender Dialogzusammenhang geschaffen werden. Als Ansatzpunkte bieten sich die kirchlichen Partner in den ehemals deutschen Kolonien an.


II. Sachbereich Frieden

Themenfeld 1 „Europäische Außen- und Sicherheitspolitik“

Themenfeld 2 „Nukleare Abrüstung“

Arbeitsfeld 3 „Fortschreibung Gerechter Friede“

Themenfeld 1 „Europäische Außen- und Sicherheitspolitik“

In der vergangenen Amtszeit hat sich die AG mit der Gemeinsamen Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik befasst und dies an der europäischen Flüchtlingspolitik und dem Russland-Ukraine-Konflikt exemplifiziert. Die gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) soll auch in der kommenden Arbeitsperiode den Schwerpunkt der Arbeitsgruppe bilden. Allerdings soll der inhaltliche Fokus auf die strategischen Perspektiven der EU mit Blick auf China verschoben werden.

In ihren strategischen Perspektiven vom 12. März 2019 hält die Europäische Kommission fest, „dass sich das Gleichgewicht der durch China geschaffenen Herausforderungen und Chancen verschoben hat.“ Diese Feststellung kann als Reaktion auf das veränderte außenpolitische Selbstbild Chinas verstanden werden. Während China bisher nur wenige weltpolitische Ambitionen zeigte, wird nun mehr und mehr sein Anspruch deutlich, die USA als internationale Führungsnation abzulösen. Dieses Streben Chinas, das bislang weder in der kirchlichen noch zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit größeres Aufsehen erregte, stellt die GASP gleich vor mehrere Herausforderungen. Hierzu nochmals einige zentrale Sätze aus dem bereits erwähnten Strategiepapier: „Chinas zunehmende Präsenz in der Welt, auch in Europa, sollte mit einer größeren Verantwortung für die Aufrechterhaltung der regelgestützten internationalen Ordnung sowie mit mehr Gegenseitigkeit, weniger Diskriminierung und größerer Offenheit seines Systems einhergehen. […] Dies erfordert einen flexiblen und pragmatischen EU-Gesamtansatz, der eine grundsätzliche Verteidigung von Interessen und Werten ermöglicht. […] Chinas zunehmende militärische Fähigkeiten in Verbindung mit seiner umfassenden Vision und dem ehrgeizigen Ziel, bis 2050 über die technologisch fortschrittlichste Streitmacht zu verfügen, werfen für die EU bereits kurz- bis mittelfristig sicherheitspolitische Fragen auf. Sektorübergreifende hybride Bedrohungen, einschließlich Informationsoperationen, und breit angelegte militärische Übungen untergraben nicht nur das Vertrauen, sondern stellen auch eine Herausforderung für die Sicherheit der EU dar und müssen im Kontext der gegenseitigen Beziehungen angegangen werden.“

Allein schon diese Überlegungen zeigen, dass mit China ein Global Player die Weltbühne betreten hat, der das Potential hat, die bisherige Sicherheitsarchitektur der Welt neu aufzustellen. Eine Vormachtstellung Chinas wirft dabei nicht nur neue sicherheitspolitische und friedensethische Fragen auf, sondern verändert auch menschenrechtliche und entwicklungspolitische Diskurse und Praktiken (Stichwort: Neue Seidenstraße).

Diese welt- und sicherheitspolitischen Konsequenzen eines neuen chinesischen Weltverständnisses kann auch die katholische Kirche nicht unberührt lassen. Sie ist weltweit eine starke Anwältin für Frieden, Menschenrechte und gerechte Entwicklung. Die möglichen skizzierten Veränderungen durch eine Weltmacht China fordern daher auch die Kirche heraus, ihre sozialethischen Positionen im internationalen Diskurs zu stärken und das Gespräch mit chinesischen Akteuren zu suchen. In diesem Zusammenhang lohnt es nicht zu Letzt, die vatikanische Chinapolitik unter der globalpolitischen Neuausrichtung Chinas kritisch zu reflektieren.

Vor diesem Hintergrund soll die AG Gerechter Friede in den kommenden Jahren die GASP mit Schwerpunkt China und mit ihr die Entwicklung einer europäischen Chinastrategie kritisch begleiten. Dieses Arbeitsprogramm kann dabei auf bereits bestehenden Arbeiten und Überlegungen der AG zur GASP aufbauen und befindet sich somit in einer produktiven Kontinuität der vergangenen Jahre. Zugleich kann das bisherige Arbeitsprogramm mit dieser neuen Perspektive innovativ weiterentwickelt werden. Die Deutsche Kommission Justitia et Pax schließt damit ein Politikfeld auf, dass zukünftig erheblich an Bedeutung gewinnen wird.

Darüber hinaus bietet dieses Themenfeld eine weitere Möglichkeit, die Verschränkung der Arbeitsbereiche zu forcieren, da – wie bereits angedeutet – eine Beschäftigung mit der GASP und China nicht nur friedensethisch relevant ist, sondern auch menschenrechtliche und entwicklungspolitische Themen angesprochen werden müssen.

Arbeitsvorgehen:

a) Erarbeitung

Die AG vergewissert sich der grundlegenden Bausteine der künftigen Arbeit, damit sie prinzipiell sprach- und handlungsfähig wird. Hierzu zählen insbesondere: Die Grundlinien der europäischen Chinastrategie; die Grundlinien der chinesischen Außen- und Sicherheitspolitik; eine ethische und politische Bewertung der EU-China-Beziehung.

b) Konkretisierung

Anschließend erfolgt eine Konzentration auf spezifische Problemfelder der GASP mit Schwerpunkt China aus der Perspektive des Gerechten Friedens. In diesem Prozessabschnitt erscheint es sinnvoll, Justitia et Pax Hongkong zu konsultieren.

c) Politische Dialoge

Weitere Formate

Basierend auf einer grundlegenden China-Publikation (in Anlehnung an die Publikation zur Ukraine) sollen in Berlin, Brüssel etc. die Arbeit der AG und der Kommission durch verschiedene Veranstaltungsformate gesellschaftsöffentlich präsentiert und diskutiert werden. Folgende Formate sind denkbar:

· Ein Side-Event zum EU-China-Gipfel 2020 in Deutschland. Konkret wäre es vielleicht möglich, eine Podiumsdiskussion mit Bischöfen aus Deutschland, Shanghai und Hongkong zu veranstalten; Thema: „Die neue vatikanische Chinapolitik und ihre Bedeutung“. Alternativ könnte auch eine Veranstaltung zum Boxeraufstand stattfinden, in der das deutsch-chinesische Verhältnis reflektiert wird. Dieses Thema könnte auch in Bezug auf die neue Weltdienststelle interessant sein.

· Verschiedene Fach- und/oder Hintergrundgespräche mit Politikern (EU, Deutschland und evtl. China)

· Vertrauliche Gespräche mit chinesischen Flüchtlingen

· Literatur- und Diskussionsabend mit chinesischen Autoren und Autorinnen

· Delegationsreise nach China mit Austausch mit Justitia et Pax Hongkong und evtl. vertraulichen Gesprächen mit Untergrundbischöfen.

Themenfeld 2 „Nukleare Abrüstung“

In Fortsetzung der Arbeiten der vergangenen Amtszeit sollen die gewonnenen Einsichten in nationale und internationale politische Dialoge eingebracht werden. Insbesondere unsere weltkirchlichen Partner zeigen zunehmendes Interesse an diesen Fragen. Es wäre zu prüfen, ob man den abgesagten Kongress zur nuklearen Abrüstung zu einem geeigneten Zeitpunkt durchführen kann. Im Rahmen ihrer Mitgliedschaft im Weltsicherheitsrat hat die Bundesregierung angekündigt, internationale Abrüstungsinitiativen fördern zu wollen. Dies könnte auf eine entsprechende Rezeptionsbereitschaft für gesellschaftliche Impulse hinweisen.

Arbeitsfeld 3 „Fortschreibung Gerechter Friede“

Die Kommission Weltkirche beabsichtigt, das Bischofswort „Gerechter Friede“ von 2000 fortzuschreiben. Auch wenn dieses Bischofswort grundsätzlich nichts von seiner Aktualität verloren hat, so machen es veränderte Sicherheitslagen und neue friedensethische Herausforderungen dennoch unumgänglich, eine neue Friedensschrift zu veröffentlichen. Die Deutsche Kommission Justitia et Pax soll inhaltlich in den Prozess einbezogen werden. Dies bietet insbesondere Gelegenheit, die Arbeitsergebnisse, Erfahrungen und Perspektiven der Kommission in die Friedensschrift einfließen zu lassen.

III. Sachbereich Menschenrechte

Themenfeld 1 „Religionsfreiheit“

Themenfeld 2 „Recht auf Gesundheit“

Themenfeld 3 „Menschenrecht auf einen angemessenen Umgang mit den Toten/Recht auf Wahrheit“

Themenfeld 1 „Religionsfreiheit“

Im Themenfeld Religionsfreiheit hat Justitia et Pax in den vergangenen Jahren durchgängig Expertise aufgebaut. Die erworbene Sensibilität für die teils komplizierten empirischen und konzeptionellen Fragen bleibt nicht nur wichtig, sondern gewinnt derzeit neue politische Brisanz. Nach der Schaffung des Amtes eines Beauftragten für Fragen der Religionsfreiheit mit Sitz im BMZ stellt sich die Frage, wie die Bundesregierung dieses Thema öffentlich als Bestandteil ihrer Menschenrechtsarbeit systematisch angehen und präsentieren wird. Die Tatsache, dass der neue Beauftragte im BMZ angesiedelt ist, während die Menschenrechtsarbeit der Bundesregierung ansonsten beim AA liegt, birgt das Risiko von Konflikten, Parallelstrukturen und Irritationen. Dies gilt umso mehr, als die Religionsfreiheit häufig als besonderes Schutzrecht („Privileg“) für bestimmte Religionen und ihre Gläubigen missverstanden, ja teils sogar bewusst in diese Richtung verdreht wird und damit aus der Logik universaler Freiheitsrechte, die den Menschenrechtsansatz definiert, herauszufallen scheint. Die immer wieder postulierte Aufgabe, die „Unteilbarkeit“ – d.h. die normative Zusammengehörigkeit – aller Menschenrechte zu gewährleisten ist, bewährt sich heute vor allem im Umgang mit der Religionsfreiheit, deren menschenrechtliche Struktur gegen klientelistische Verkürzungen und ideologische Verdächtigungen erneut geklärt und in praktische Politikkonzepte überführt werden muss. Diese Frage stellt sich nicht nur mit Blick auf den Religionsfreiheitsbeauftragten der Bundesregierungen, sondern beispielsweise auch bezüglich der internationalen Parlamentarierplattform zu Religionsfreiheit (IPPFORB), bei der sich neuerdings gefährliche Bruchlinien abzeichnen.

Justitia et Pax verfügt über gute Beziehungen sowohl zum Beauftragten der Bundesregierung für Religionsfreiheit als auch zum Referat Menschenrechte des Auswärtigen Amts. Dies macht es möglich, wichtige Hinweise für die Gestaltung des im Zweijahresrhythmus fälligen Berichts der Bundesregierung über Religionsfreiheit weltweit zu geben. Darüber hinaus bestehen solide Kontakte zum Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages zur interfraktionellen Arbeitsgruppe Religionsfreiheit des Europaparlaments, zu den einschlägigen Gremien der Vereinten Nationen sowie zur Leitung der internationalen Parlamentarierplattform IPPFORB. Beteiligt war Justitia et Pax auch beim ökumenischen Bericht der beiden großen Kirchen zu Verletzungen der Religionsfreiheit von Christen. Auch weiterhin wird eine ökumenische Zusammenarbeit in geordneter und professioneller Form angestrebt. Diese Kontakte gilt es zu nutzen, um für eine konsequent menschenrechtlich verstandene Religionsfreiheit – gegen Missverständnisse und Verdrehungen – einzutreten. Auch im Forum Menschenrechte, dem Netzwerk menschenrechtlich aktiver NGOs in Deutschland, wäre eine anhaltende Präsenz zum Thema Religionsfreiheit sinnvoll.

Themenfeld 2 „Recht auf Gesundheit“

Ein thematischer Schwerpunkt in der vergangenen Periode lag auf dem Recht auf Gesundheit, dessen Konturen nicht zuletzt im Gespräch mit afrikanischen Partnerorganisationen herausgearbeitet wurden. Die Beschäftigung mit dem Recht auf Gesundheit bietet die Chance, dem traditionell starken karitativen Engagement der Kirchen in diesem Feld eine dezidiert menschenrechtliche Profilierung zu geben. Dies verändert das Verhältnis zwischen Anbietern im Gesundheitswesen und Patientinnen und Patienten, deren Zugang zu Leistungen des Gesundheitswesens ein menschenrechtlich gestützter Anspruch ist. Zugleich steht die Arbeit zum Recht auf Gesundheit exemplarisch für die notwendige Aufwertung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte (WSK-Rechte), die im Vergleich zu den bürgerlichen und politischen Rechten nach wie vor oft als Menschenrechte zweiter Ordnung angesehen werden.

Eine besondere Pointe der Beschäftigung mit dem Recht auf Gesundheit lag in der Betonung der damit einhergehenden Achtungspflicht. Im Vergleich zu den beiden anderen Pflichten-Dimensionen – der Schutzpflicht und vor allem der Gewährleistungspflicht – wird der Achtungspflicht in der aktuellen Diskussion um die WSK-Rechte wenig systematische Aufmerksamkeit zuteil. Dies folgt nicht zuletzt aus ihrer Trivialisierung als angeblich bloß „negative“ Pflicht bzw. Enthaltungspflicht. Demgegenüber lässt sich herausstellen, dass die „Achtung“ der Menschenrechte – über den Verzicht auf unangemessene Eingriffe hinaus – eine dezidierte Grundhaltung impliziert. Nicht zuletzt verlangt sie, den Menschen – und zwar jeden Einzelnen – als ein Wesen zu achten, das von religiösen und moralischen Überzeugungen getragen und von vielfältigen kulturellen Traditionen geprägt ist. Diese Dimensionen in die Konzeptualisierung und Operationalisierung des Rechts auf Gesundheit einzuarbeiten, bedeutet zugleich, die Verweis-Struktur dieses Rechts auf andere Menschenrechte ernst zu nehmen. Die Fokussierung auf die in der Diskussion oft vernachlässigte Achtungsdimension birgt damit die Chance, das Recht auf Gesundheit in einen ganzheitlichen Menschenrechtsansatz zu integrieren. Auch Fragen gewissensbedingter Verweigerung bestimmter Leistungen im Gesundheitsbereich lassen sich auf diese Weise in ein angemessen komplex verstandenes Menschenrecht auf Gesundheit integrieren.

Diese prononcierte Akzentsetzung gilt es in die politische Debatte zu bringen. Das in der Kommission sowie in der AG diskutierte und mittlerweile überarbeitete Grundsatzpapier kann dabei als Referenzdokument fungieren. Dazu soll eine eigene öffentliche Veranstaltung durchgeführt werden. Darüber hinaus sollen Möglichkeiten sondiert werden, die Arbeitsergebnisse im Plenum des Forums Menschenrechte, innerhalb der einschlägig aktiven kirchlichen Hilfswerke und evtl. auch in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte zu präsentieren. Relevante politische EntscheidungsträgerInnen werden gezielt angesprochen. Um den politischen EntscheidungsträgerInnen eine Hilfestellung zu bieten, wie die Impulse aus dem Grundsatzpapier in konkretes politisches Handeln umgesetzt werden können, werden Handlungsempfehlungen zum Menschenrecht auf Gesundheit formuliert. Insbesondere die Zusammenhänge zwischen dem Menschenrecht auf Gesundheit und der Geschlechtergerechtigkeit, den Bedürfnissen der ländlichen Bevölkerung und der Entwicklungspolitik sollen in den Blick kommen. Diese gezielte Verbreitung der Arbeitsergebnisse soll in den Jahren 2019 und 2020 stattfinden und gegen Ende des Jahres 2020 zum Abschluss kommen. Dieser Prozess soll von einer Task-Force begleitet werden, die zugleich prüfen soll, ob weitere Aktivitäten im Themenfeld „Recht auf Gesundheit“ erforderlich sind.

Themenfeld 3 „Menschenrecht auf einen angemessenen Umgang mit den Toten/Recht auf Wahrheit“

Der Umgang mit den Toten und ihren Gräbern stellt in vielen Ländern eine Quelle fortgesetzter Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde der Lebenden dar. Angefangen vom Verschwindenlassen von Menschen bis hin zur bewussten Verweigerung von angemessenen Grablegungen ist dieses weithin unterbestimmte Themenfeld von wachsender Bedeutung. In nicht wenigen Kontexten werden die Toten und ihre Gräber zum bewussten Ziel von gewaltsamen politischen Handeln, mit erheblichen Auswirkungen auf die betroffenen Familien, und sozialen Gruppen. Nicht selten geht es um die bewusste psycho-soziale Desintegration von Personen und Gruppen. Dies trifft in besonderer Weise auf kulturelle Kontexte mit einer ausgeprägten Ahnenverehrung zu. Die Thematik verbindet sich sowohl mit dem Themenfeld „Religionsfreiheit“, da wesentlich Religionsgemeinschaften die Trägerinnen von Bestattungsformen sind, als auch mit dem Themenfeld „Recht auf Wahrheit“, da in vielen Fällen, die Aufklärung des Schicksals der vermutlich Toten mit dem Ziel der Verunsicherung systematisch behindert wird.

Mittels einer Arbeitsgruppe sollen dieses Themenfeld menschenrechtlich beschrieben und konkrete Handlungsperspektiven entwickelt werden. Dabei gilt es, insbesondere das Verständnis für diese weichen kulturellen Faktoren und deren grundlegende Wirkungen zu stärken und in den (inter)nationalen Menschenrechtsdiskurs einzubringen. Ein besonderes Augenmerk soll auf Gendergesichtspunkte gelegt werden. Einen ersten Anknüpfungspunkt bietet die in Deutschland bislang wenig bekannte internationale Konvention zum Schutz gegen das Verschwindenlassen von Menschen (nach dem englischen Titel als „CED“, nach „Convention for the Protection of all Persons from Enforced Disappearance“ abgekürzt), die im Dezember 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde und im Jahre 2010 in Kraft trat. Sie enthält u.a. ein Recht betroffener Menschen bzw. Angehörigen, die konkreten Umstände entsprechender Menschenrechtsverletzungen zu erfahren; die Staaten sind gehalten, die dafür erforderliche Aufklärung zu leisten und die Ergebnisse verfügbar zu machen. Mittlerweile spricht man vom „right to the truth“ als einem eigenständigen menschenrechtlichen Anspruch, unterstützt auch von der Resolution 21/7 des UN-Menschenrechtsrats. Im Hintergrund steht die Erfahrung, dass ohne Kenntnis der Tatsachen individuelle und kollektive Traumatisierung nicht überwunden werden können und gesellschaftliche Versöhnung nicht gelingen kann. In solchen oft weitreichenden gesellschaftlichen Prozessen sollen Betroffene und ihre Angehörigen als Rechtssubjekte Anerkennung erfahren.

Das „Recht auf die Wahrheit“ macht u.a. deutlich, dass die Arbeit von Wahrheits- und Versöhnungskommissionen, ggf. unterstützt von fachlichen Historikerkommissionen, eine dezidiert menschenrechtliche Dimension hat. Dies gilt erst recht angesichts von Tendenzen, die Konturen erlebter Unrechtsgeschichten im Nebel von „fake histories“ versinken zu lassen oder gar gezielt zum Verschwinden zu bringen. Die Verweigerung des Rechts auf die Wahrheit bedeutet daher nicht nur Respektlosigkeit gegenüber konkreten Menschen, deren Unrechtsnarrationen auf diese Weise ignoriert und ggf. zerstört werden, sondern verbaut zugleich die Möglichkeiten ganzer Gesellschaften, sich ihrer Unrechtsgeschichten zu stellen.

Die Beschäftigung mit diesem Themenfeld ist für Justitia et Pax neu. Zugleich sind aber zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten an den Arbeitsbereich Frieden gegeben. Außerdem lassen sich bisher entstandene Beziehungen zu Justitia et Pax-Kommissionen insbesondere in Osteuropa und afrikanischen Ländern durch gemeinsame Beschäftigung mit diesem Thema pflegen und weiterentwickeln.

Arbeitsvorgehen

In einer ersten Phase soll das Themenfeld bestimmt und in menschenrechtlicher Perspektive erfasst werden. Diese Phase zielt auf die Erarbeitung einer grundlegenden Stellungnahme der Kommission sowie die Identifizierung konkreter Forderungen. Nach der ersten internen Orientierung soll mit weltkirchlichen Partnern der kontextuell vertiefende Dialog gesucht werden.

Auf der Grundlage der Stellungnahme soll sodann in geeigneten politischen Resonanzräumen (u.a. Deutscher Bundestag, Europaparlament, UN-Menschenrechtsrat, PARD) die Thematik platziert und diskutiert werden.

IV. Sachbereich Entwicklung

Themenfeld 1 „Menschenwürdige Arbeit im Rahmen der Agenda 2030“

Themenfeld 2 „Nachhaltige Entwicklung und Klimawandel“

Mit der Verabschiedung globaler entwicklungspolitischer Agenden, wie der Millenniumserklärung im Jahr 2000 und der Folge-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung im Jahr 2015 kristallisierten sich genuine Gestaltungsprozesse für die Umsetzung sowohl der acht Millenniums- als auch der 17 Nachhaltigkeitsziele heraus. Ein besonderer Arbeitsansatz leitete sich aus der päpstlichen Enzyklika Laudato Si von Papst Franziskus ab, der seit 2015 die internationale Arbeit von Justitia et Pax inspiriert hat. Die Arbeit im Sachbereich Entwicklung versteht sich in dieser Kontinuität und zielt darauf eigene Akzente zu setzen. Dabei verortet sie sich in den laufenden Diskursen, die seit 2015 davon geprägt sind, dass Entwicklungspolitik zunehmend über ihre Auswirkung auf die Zukunftsperspektiven von Bevölkerungsschichten, insbesondere von jungen Menschen, definiert wird. Die europäische und die deutsche Entwicklungspolitik konzentrieren sich auf den Nachbarkontinent Afrika. Wachstum und Beschäftigungsförderung stehen im Zusammenhang mit der europäischen Migrationspolitik sowie der Sorge um die globalen Machtverschiebungen im Vordergrund des Bemühens. Die Arbeit soll sich auf zwei Themenfelder konzentrieren:

Themenfeld 1 „Menschenwürdige Arbeit im Rahmen der Agenda 2030“

In der letzten Arbeitsperiode hat die Kommission mit dem Thema „Arbeitsinspektion in einer globalisierten Welt“, das im Gesprächskreis Gewerkschaften verhandelt wurde, einen Nerv getroffen, der sich langsam auf der Agenda internationaler Organisationen und sogar in der deutschen Politik bemerkbar macht (Sorgfaltspflichtentengesetz aus dem BMZ). Defizite im Bereich der Kontrolle von Unternehmen auf die Einhaltung von arbeits- und menschenrechtlich konformen Erfordernissen hin werden zunehmend international wahrgenommen und national skandalisiert. Allerdings ist die deutsche Regierung noch weit entfernt von der Umsetzung der gemeinsamen Forderungen von Justitia et Pax und DGB. Diese Arbeit soll fortgesetzt werden. Besonderes Augenmerk ist zu legen auf die Verbesserung der Situation von Wanderarbeitern und Wanderarbeiterinnen in Europa u.a. durch Gesetze zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten für Unternehmen und die Stärkung der Arbeitsinspektion. Weitere Themen wie die Prekarisierung der Beschäftigung und die Erosion des Rechts auf Organisationsfreiheit durch die Digitalisierung rücken in den Fokus. Den grenzenlosen Wertschöpfungsprozessen im digitalen Raum stehen weder hinreichend normative noch konkrete institutionenökonomische Antworten gegenüber. Sozialpartnerschaft und die damit korrespondierenden Instrumente müssen neu bedacht werden. Die neuen Herausforderungen in der Arbeitswelt werfen wieder die Frage nach Definition und den Indikatoren von Prekarität, besonders auch die unterschiedliche Prekarisierung für Männer und Frauen auf. Im Zusammenhang mit gerechtem Welthandel und Gestaltung der Globalisierung nach der Idee des ‚level playing field‘ stehen die Forderung nach Sozial- und Nachhaltigkeitskapiteln in Handelsabkommen und die Abwägung bilateraler und multilateraler Abkommen im Raum.

Der Gesprächskreis Gewerkschaften soll den Themenschwerpunkt menschenwürdige Arbeit begleiten. Er hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2006 bewährt. Er verkörpert in besonderer Weise die Prinzipien von Justitia et Pax, exemplarisch, subsidiär, innovativ und handlungsorientiert zu wirken. In der kirchlichen Landschaft ist er der einzige systemische Arbeitszusammenhang von Gewerkschaften und Kirchen, der hochbrisante, wenn auch vernachlässigte und unterschätzte Themen einer globalisierten Arbeitswelt aufgreift, die zudem in hohem Maße entwicklungspolitisch relevant sind. Die Gründungsanliegen des Gesprächskreises werden durch weitere Themen widergespiegelt wie die Prekarisierung der Beschäftigung und der Erosion des Rechts auf Organisationsfreiheit durch die Digitalisierung. Den grenzenlosen Wertschöpfungsprozessen im digitalen Raum stehen weder hinreichend normative noch konkrete institutionenökonomische Antworten gegenüber. Sozialpartnerschaft und die damit korrespondierenden Instrumente müssen neu bedacht werden. Die neuen Herausforderungen in der Arbeitswelt werfen wieder die Frage nach der Definition und den Indikatoren von Prekarität, besonders auch nach der unterschiedlichen Prekarisierung von Männern und Frauen auf. Im Zusammenhang mit gerechtem Welthandel und der Gestaltung der Globalisierung nach der Idee des ‚level playing field‘ stehen die Forderung nach Sozial- und Nachhaltigkeitskapiteln in Handelsabkommen und die Abwägung bilateraler und multilateraler Abkommen im Raum.

Der Gesprächskreis Gewerkschaften bietet darüber hinaus die Gelegenheit, die Ergebnisse aus der GKKE-Arbeit zur Rüstungsexportpolitik mit den Gewerkschaften punktuell zu besprechen. Das diskurspolitische Potential des Gesprächskreises soll noch stärker genutzt werden.

Themenfeld 2 „Nachhaltige Entwicklung und Klimawandel“

Eine Neuausrichtung im Sachbereich Entwicklung bedeutet die Unterstützung des Projekts „Nachhaltige Entwicklung im Kontext der Agenda 2030- die sozialökologische Transformation und der Beitrag der Kirche“ der Sachverständigengruppe Wirtschaft und Sozialethik (SVG) der Kommission Weltkirche (KX) der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).

Mittels einer von Justitia et Pax einzurichtenden Dialoggruppe, sollen die Ergebnisse der SVG - wissenschaftliche Studien und kürzeren Policy-Papers - in politische Aktivitäten umgesetzt und gesellschaftliche Debatten qualifiziert werden. Der Vorsitz der Dialoggruppe soll bei Misereor, die Geschäftsführung bei Justitia et Pax liegen. Justitia et Pax definiert in diesem Fall seine Rolle als systemischer Zusammenhang, der auf der Grundlage der von der SVG bereitgestellten Expertise sein Augenmerk auf die Entwicklung qualifizierter politischer Dialog-Formate sowie ein abgestimmtes Vorgehen der einschlägigen kirchlichen Akteure legt. Die Dialoggruppe ist gehalten, sowohl eigene Formate zu setzen als auch die Beiträge ihrer Mitglieder zu unterstützen.

Die Zusammensetzung der Dialoggruppe bemüht sich, verschiedene kirchliche und außerkirchliche Perspektiven zu integrieren, ohne schon bestehende Formate wie den Koordinierungskreis Umwelt zu verdoppeln. Mit Blick auf den angestrebten Dialog mit Vertretern und Vertreterinnen der Wirtschaft, ist eine Beteiligung der Wirtschaft von Anfang an mitzudenken. Unabhängig davon soll die Dialoggruppe den punktuellen Kontakt zu verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Akteuren suchen, um mit diesen das Gespräch zu führen. Die Zusammensetzung der Dialoggruppe könnte wie folgt aussehen:

Um die Dialoggruppe möglichst effizient begleiten zu können, wird die Mitwirkung der Geschäftsstelle in der Sachverständigengruppe ‚Weltwirtschaft und Sozialethik‘ der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe der Kommission Weltkirche ebenso fortgesetzt wie die Mitwirkung im Koordinierungskreis Umwelt der Kommission Gesellschaft und Kirche.

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