Deutsche Kommission Justitia et Pax und die Deutsche Provinz der Schwestern vom Guten Hirten fordern bessere Berücksichtigung der Rechte asylsuchender Frauen im EU-Aktionsplan
Der in dieser Woche im finnischen Tampere stattfindende EU-Gipfel wird sich mit Fragen von Migration und Asyl befassen. Dazu erklären die Deutsche Kommission Justitia et Pax und die Deutsche Provinz der Schwestern vom Guten Hirten:
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union werden sich am 14. und 15. Oktober in Tampere mit einem Aktionsplan befassen, der eine Vereinheitlichung der Politik in den Bereichen von Migration und Asyl anstrebt. Wir sind besorgt, daß dabei den Rechten von Frauen einmal mehr keine ausreichende Beachtung geschenkt wird.
Frauen sind in spezifischer Weise Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Vielfach werden sie doppelt verfolgt:
• Wo immer ethnische, religiöse oder andere Minderheiten
vertrieben oder ausgelöscht werden sollen, werden Frauen häufig z.B.
durch Vergewaltigungen systematisch verfolgt.
• Als faktische oder
vermeintliche Gegnerinnen des jeweiligen politischen Systems oder als
Angehörige verfolgter sozialer und kultureller Gruppen sind sie während
Verhören, in Polizeigewahrsam und in der Haft oft Opfer sexistischer
Erniedrigung, sexueller Übergriffe und Vergewaltigungen.
• Darüber
hinaus sind wir weiterhin mit der Tatsache konfrontiert, dass Frauen in
vielen Ländern unmittelbar aufgrund ihres Geschlechtes diskriminiert
oder verfolgt werden. Sie sind Opfer von Praktiken, die zwar nicht vom
Staat unmittelbar durchgeführt werden, jedoch teilweise gesetzlich
geschützt oder von den Behörden geduldet werden. Dazu gehören z.B
genitale Verstümmelung, Zwangsabtreibungen, Zwangsprostitution,
Zwangsheiraten oder Mitgiftmorde.
Auf diesem Hintergrund muss die Asylpolitik in den Ländern der Europäischen Union eine besondere Schutzverpflichtung für Frauen anerkennen, die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt sind oder zu werden drohen. Wir appellieren deshalb an die Vertreter der beim Gipfel in Tampere versammelten Staaten der EU, dass in der Weiterentwicklung der Asylpolitik folgende Mindestanforderungen an einen effektiven Menschenrechtsschutz für Frauen sicher gestellt werden:
• Frauen, die geschlechtsspezifischen Verfolgungen ausgesetzt sind, müssen in den Ländern der EU Schutz finden.
• Die vorhandenen Gesetze müssen so ausgelegt werden, daß Frauen im Falle geschlechtsspezifischer Verfolgung Asyl oder Abschiebeschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention gewährt wird.
•
Die Verfolgung aus "geschlechtsspezifischen Gründen" muss in den
Gesetzen auf der EU-Ebene und in den Einzelstaaten ausdrücklich als asylrechtliches Abschiebungshindernis verankert werden.
• Darüber hinaus bedarf es einer EU-einheitlichen Regelung, die geschlechtsspezifische Verfolgung als Asylgrund anerkennt.
Wir erinnern die EU-Staaten zudem daran, dass sich die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen bei der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking (1995) dazu verpflichtet haben, gewaltbetroffenen Frauen "den Zugang zu besonders ausgebildeten Beamten, namentlich Beamtinnen [zu gewährleisten], die Frauen zu peinlichen oder schmerzlichen Erfahrungen, wie etwa unzüchtigen Handlungen, befragen können".