Muslimische Intellektuelle aus Asien äußern sich zu Kopftuchstreit und Integration
Um Fragen zum Verhältnis von Islam, Demokratie und Menschenrechten zu
erörtern, befanden sich auf Einladung der Deutschen Kommission Justitia
et Pax in dieser Woche drei prominente muslimische und christliche
Intellektuelle aus Indonesien zu politischen Gesprächen in Deutschland.
Zum Abschluss des Besuchs empfängt am heutigen Freitag Bundespräsident
Dr. h.c. Johannes Rau die Delegation mit
Prof. Dr. Azyumardi Azra,
Lies Marcoes-Natsir und
Prof. Dr. Franz Magnis-Suseno SJ.
Im Mittelpunkt der Diskussionsveranstaltungen in Köln und Berlin am 27./28.01.2004 stand die Frage der Integration der in Deutschland lebenden Muslime. „Einen Islam in reiner Form gibt es nicht; er wird immer durch den soziokulturellen Kontext geformt“, so Prof. Azra, der zu den führenden muslimischen Intellektuellen Südostasiens zählt. Um ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen, sei es unverzichtbar, ein spezifisch deutsches Modell des Islam zu entwickeln. Wie für Asien, so müsse auch für Europa ein „inkulturierter“ Islam entstehen.
Der Islam könne - wie jede Religion - zu politischen oder gesellschaftlichen Absichten ge- und auch missbraucht werden. Gerade in den gegenwärtigen Debatten werde er oftmals nicht in wirklich religiöser Hinsicht, sondern allein in seiner kulturellen oder politischen Verwendung wahrgenommen.
Zum aktuellen "Kopftuchstreit" in Deutschland sagte Prof. Azra: "Das Tragen des Kopftuches im Islam lässt keine direkten Rückschlüsse auf eine politische Gesinnung oder ein bestimmtes Gesellschaftskonzept zu. Als sichtbares religiöses Symbol kann das Kopftuch freilich von Interessensgruppen als politisches Werkzeug benutzt werden. Es zu tragen, ist zunächst aber Ausdruck individueller Freiheit."
Der Islam als Religion sei zudem, so Azra, in den seltensten Fällen die Wurzel für undemokratische Verhältnisse in den islamisch geprägten Ländern. Im Gegenteil: Das indonesische Beispiel lehre, dass der Islam als eine kulturell verwurzelte und gewachsene Religion die Bemühungen um mehr soziale Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und die Bekämpfung von Korruption bei den herrschenden Eliten unterstützen könne.
Dies erläuterte Frau Marcoes-Natsir anhand ihrer Arbeit als Beraterin für "Islam, Gender und Zivilgesellschaft" der Asia Foundation am Beispiel von Initiativen im Kampf gegen Frauen- und Menschenhandel.