08.07.2024
Populismus stellt eine wachsende Bedrohung für die Menschenrechte dar. Sie werden vereinnahmt, verzerrt, in leere Worte oder sogar in ihr Gegenteil verkehrt. Der neu erschienene Sammelband analysiert diese problematische Entwicklung am Beispiel der Religions- und Weltanschauungsfreiheit und stellt Gegenstrategien vor.
Menschenrechte und die liberale Demokratie sind Extremisten und Autokraten ein Dorn im Auge. Gleichwohl erfreuen sich Begriffe wie „Menschenrechte“, „Meinungsfreiheit“ oder „Demokratie“ weiterhin weithin großer Beliebtheit. Statt Demokratie und Menschenrechte explizit und offen in Frage zu stellen, sind viele antidemokratische und antiliberale zunehmend daher zu einer subtileren, aber nicht weniger perfiden und gefährlichen Strategie übergegangen: Statt direkt die Abschaffung von Menschenrechten und Demokratie zu fordern, zielen sie darauf ab, die Begriffe populistisch im Sinne ihrer radikalen Ideologien und Machtambitionen umzudeuten. Setzt sich die Umdeutung durch, bleibt von der Substanz der Menschenrechte als universelle Freiheitsrechte nur eine leere Worthülle. Was Menschenrechte ausmacht, wird durch die populistische Umdeutung verzerrt und ins Gegenteil verkehrt.
Der neue erschienene Sammelband „Religious Freedom and Populism - The Appropriation of a Human Right and How to Counter It“ untersucht diese populistischen Vereinnahmungs- und Umdeutungsversuche am Beispiel eines Menschenrechts, das die extreme Rechte weltweit besonders stark in ihr Visier genommen hat: Die Religionsfreiheit. Das Menschenrecht wird häufig als „typisch konservativ“ missverstanden. Dieses Missverständnis versucht die extreme Rechte auszunutzen, indem sie sich als Verteidigerin der Religionsfreiheit und der Rechte verfolgter Angehöriger der eigenen Religionsgruppe inszeniert. Dadurch hofft sie, von dem konservativen Image der Religionsfreiheit zu profitieren und dadurch ihr radikales Image abzuschütteln und sich als „wahre Konservative“ präsentieren zu können. Dabei greift sie auf verschiedene populistische Stilmittel zurück, um Religionsfreiheit im Sinne ihrer menschenverachtenden Ideologien und machtpolitischen Interessen umzudeuten.
Der neu erschienene Sammelband enthält detaillierte Analysen der verschiedenen Muster der populistischen Aneignung und Umdeutung. Darüber hinaus wird analysiert, welche Dynamiken populistische Umdeutung und Aneignung begünstigen, und es werden Lösungsansätze vorgestellt, wie solchen problematischen Aktivitäten entgegengewirkt werden kann. Der Sammelband enthält Analysen zu verschiedenen Länderkontexten (Brasilien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Norwegen, Russland, Türkei, Ungarn, USA) sowie zu den Dynamiken im Kontext der Europäischen Union und der Internationalen Allianz für Religions- und Weltanschauungsfreiheit (IRFBA) sowie zu verschiedenen Querschnittsthemen (COVID-19-Pandemie, Menschenrechtsbildung, soziale Medien, Verantwortung von Religionsgemeinschaften, verbreitete Missverständnisse über die Religions- und Weltanschauungsfreiheit).
Das E-Book ist unter einer Open-Access-Lizenz erschienen und kann kostenlos von der Website des Verlags heruntergeladen werden:
Link zum E-Book: https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-6827-8/religious-freedom-and-populism/
Mit Texten von: Julia Bauer (#ichbinhier e.V.), Prof. Dr. Dr. h.c. Heiner Bielefeldt (UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit 2010-2016), Pfarrer Dirk Bingener (missio Aachen), Katja Buck (freie Journalistin), Juliane Chakrabarti (#ichbinhier e.V.), Ana Maria Daou (Adyan Foundation Libanon), Dr Youssef Dennaoui (RWTH Aachen), Botschafter Jos Douma (niederländischer Botschafter für Religionsfreiheit 2019-2022), Prof. Dr. Regina Elsner (Universität Münster), Dr. Leandro L.B. Fontana (Philosophisch-Theologische Hochschule St. Georgen), Prof. Dr. Nazila Ghanea (UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, Universität Oxford), Prof. Dr. Jeremy Gunn (Universität Rabat), Dr. Bernd Hirschberger (Deutsche Kommission Justitia et Pax), Dr. Eva Maria Lassen (Dänisches Institut für Menschenrechte), Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl (KSHB, Deutscher Ethikrat), Prof. Dr. Jorunn Økland (Universität Oslo), Dr Rita Perintfalvi (Universität Graz), Dr. Marie Juul Petersen (Dänisches Institut für Menschenrechte), Friedrich Püttmann (French Institute for Anatolian Studies IFEA, LSE), Dr. Katja Voges (missio Aachen), Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ (Deutsche Kommission Justitia et Pax, Bischof von Hildesheim) und Prof. Dr. Valentine Zuber (Université PSL Paris)